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Picco und die Technik Ich bekomme vom Geräusch des (fast lautlosen) Staubsaugers aus Prinzip Migräne und immer will ich das Personal beißen. Aber es kann noch schlimmer kommen und ich berichte von Erfahrungen mit unserer Geschirrspülmaschine. Sie ist zehn Jahre alt, war wirklich nicht billig und hat bis vor einem Jahr alle erteilten Aufträge gut erledigt. Dann ging es los. Alle paar Tage zeigte das Display einen Fehler an, F11 der Name. Öffnete mein Mensch das Gerät, blickte sie in eine düstere Brühe an dessen Boden. Telefonate mit Handwerkern schlossen sich an. Sie gaben Ratschläge, jede:r einen anderen. Wir - also eigentlich mein Mensch - schöpfte/n die Brühe mit großen Tassen ab, ließ/en das Gerät leer mit Reinigungsmittel laufen. Bleiben wir bei meinem Mensch - sie hat trotz Gleichberechtigung in der Sprache - die tatsächliche Drecks-Arbeit gehabt. Sie öffnet ein Sieb am Boden, entdeckte darunter ein gebogenes Rohr mit einer Metallkugel drin. Da war anscheinend etwas kaputt, aber die Hoffnung auf Bezug eines Ersatzteils könnte sie sich abschminken, hieß es. Gebe es nicht. Ukraine, China, Lieferprobleme. Es war in dieser Zeit, dass ich zu denken begann, alles, was mein Mensch dringend benötigt, sei in der Ukraine oder China hergestellt worden und werde nie mehr fabriziert. Es gab ein Fest, an dem wir (also mein Mensch) Geschirr für vierzehn Personen mit der Hand spülte/n. Irgendwann nahm sie sich ihren Mut zusammen und baute das gebogene Rohr mit der Metallkugel aus. Sie spülte es unter heißem Wasser, ließ die Kugel hin- und herklackern, baute alles ein. Das Gerät lief wieder! W., der Typ von meinem Mensch, sagt, sie sollte das Geschirr doch einfach per Hand spülen und es dann gereinigt zum Trocknen in die Maschine stellen. Mich erinnert das an die Mutter meines Menschen, die das Haus putzte, bevor die Putzfrau kam - sie sollte nicht denken, sie seien unreinliche Leute… Eine Zeit lang ging alles gut. Darauf, wie ein Blitz aus heiterem Himmel; wieder: F11. Brühe schöpfen, Rohr ausbauen, durchspülen, Kugel klackern, wieder rein. Einmal lief es nun. Dann F11. Pro Spülgang wiederholt sich nun alles, jedes Mal: Brühe, Rohr, Kugel. Man könnte Handwerker bestellen, aber deren Besuch plus eventuelle und eh nicht lieferbare Teile würde so viel kosten wie ein neuer Apparat. Eff-elf, Eff-elf, Eff-elf… Und wie wäre das, mein lieber Mensch? Ein neues Gerät? Ja, schon. Aber immer, wenn wir entschlossen waren, es zu bestellen, funktioniert die Spülmaschine auf einmal wieder einwandfrei. Alles ist wirklich sehr sehr seltsam... In der BÄRENPOST habe ich gelesen, möglicherweise würden in 10 Jahren 40 Prozent der Hausarbeiten von Robotern erledigt. Das glaubt ihr doch selbst nicht! Wie oft hat man uns das versprochen? Kühlschränke, die Nachschub selbst bestellen, Putzroboter, selbstfahrende Autos, all das. Die Wahrheit lautet: F11. Die Realität ist: Mein Mensch lebt inzwischen für ihre Spülmaschine genauso aufopferungsvoll wie für ihre Rudis (die Amselfamilie, die sich auf der Terrasse eingenistet und sie okkupiert hat). Sie reinigt ihr Inneres. Sie kauft Pflegemittel und lässt sie damit leer laufen, so dass sie (die Spülmaschine!) sich entspannen kann und sauber bleibt. Währenddessen wäscht mein Mensch selbst ab. So wird sich das mit den Robotern entwickeln! Sie werden nicht für uns da sein, sondern wir für sie! Sie werden sich auf dem Weg zu Rewe verirren. Der kleine FXR23b wird aus dem Bällebad abgeholt werden wollen. Er wird Süßigkeiten gestohlen haben - das sollte ich mir mal erlauben! Er wird sich vorm Kühlregal bei Edeka hinlegen und nicht mehr aufstehen wollen. Ich als Bär werde den Fensterputz-Robo abends in den Schlaf brummen müssen. Die Kochmaschine wird vor meinen vor Schreck geweiteten Augen alles selbst essen. Die künstliche Intelligenz wird faul auf dem Sofa liegen, Pralinchen naschen, die Bücher von meinem Mensch lesen, das selbstfahrende Auto wird ohne meinen Mensch nach Düsseldorf zu Chanel fahren und nicht mehr zurückfinden. Erzählt mir doch nichts! Wir kamen aus dem Theater heim, WAS IHR WOLLT lief. Die Spülmaschine lief auch, obwohl wir sie nicht angestellt hatten. Ihr Display zeigte F70. Oha! Mein Mensch hat die Handy-Nummern aller Handwerker in Aachen. Es war 22.50 Uhr. Sie erreichte einen am Stammtisch. „Ziehen Sie den Stecker!“, sagte er. Wir fanden ihn nicht. Schalteten deshalb die Sicherung aus. Das Gerät lief weiter. Es ist komplett unabhängig. „Komm“, sagte ich sichtlich nervös zu meinem „Mensch“, „lass uns nach Paris fahren, Champagner trinken und Macarons essen. Wenn wir zurückkommen, ist bestimmt alles wieder gut.“ Danke an SZ und Axel Hacke für die Inspiration |
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